Sorgen der Eltern

 

   Mein Kind hat Dyskalkulie!

Mein Kind hat eine Rechenschwäche, hat die Lehrerin gesagt. Ist das diese Dyskalkulie?“

Viele Anrufe besorgter Mütter beginnen so … Mein Kind hat Dyskalkulie!

Das klingt nicht gut.

Das klingt nach: Allergie, Hypertonie, Klaustrophobie, Anämie, Diphterie, Leukämie. Das klingt nach … nicht gesund. Das klingt nach Krankenhaus. Und nun wird Eltern geraten, sich Hilfe zu suchen. Von Psychologen. In der Kinderklinik. Weil selbst in der Schule keiner mehr weiter weiß. Kein Wunder, dass da Ängste aufkommen …

Vielleicht stimmt da ja was bei meinem Kind nicht? Vielleicht hat es ja wirklich diese Dyskalkulie!“

Angesichts der Vielzahl an Grundschülern, die mit schwachen mathematischen Fähigkeiten an die weiterführenden Schulen wechseln, könnte man tatsächlich fast von einer neuen Volkskrankheit sprechen. Dann müsste man als Ursache evt. einen neuartigen Erreger oder Virus in Betracht ziehen. Oder die Klimaveränderung. Jahrelang hieß es in den Fachbüchern, 5-6 % der Schüler weltweit hätten diese Lernstörung. Das bedeutete ein oder zwei Schüler pro Klasse, die nicht rechnen gelernt haben. Der Rest der Klasse kam folglich mit … mal mehr mal weniger gut, aber immer ausreichend.

Ist das heute immer noch der Fall?

 

   Vergleiche, Tests, Untersuchungen, Studien

In der zuletzt weltweit durchgeführten TIMSS-Studie 2015 sollten Viertklässler z.B. beantworten, wie viele Bäume in 5 Reihen stehen, wenn in jeder Reihe je 8 Stück sind. Lösungen waren zum Ankreuzen vorgegeben: 13, 25, 35 oder 40.

Knapp 27 % der deutschen Schüler wussten nicht die richtige Antwort. Die Kultusministerkonferenz bemerkt bei der Ergebnispräsentation zu den mathematischen Fähigkeiten, dass „ein hoher Anteil der Kinder kein ausreichendes Kompetenzniveau (23,3 %)“ erreicht. (Quelle: kmk.org 29.11.2016). Gut ein Viertel der deutschen Grundschüler sind demnach extrem schwach im Rechnen. Das sind nicht mehr nur ein oder zwei Schüler pro Klasse. Tendenz laut Statistik weiter steigend. Der Anteil schwacher Schüler mit inklusivem oder Migrationshintergrund beträgt dabei zusammen gerade 6-7 %.

„Besonders gut sind deutsche Schüler im Umgang mit Daten und in Geometrie, besonders schwach in Arithmetik. Gut sind sie außerdem beim Lösen von Problemen, weniger gut beim Anwenden des Gelernten.“ (Quelle: spiegel.de 29.11.2016)

Nur noch 5 % der deutschen Schüler erreichen die höchste Kompetenzstufe. Also einer pro Klasse. Bzw. eine pro Klasse. In manchen südostasiatischen Ländern sind das hingegen 15-20%.

       Otto rechnet 5 mal 8.

27 % der deutschen Schüler können hingegen nicht 5 mal 8 rechnen, zeitgleich müssen sie seitenweise im „Zahlenraum 1 Million“ mit 235.000 oder 600.000 subtrahieren und dividieren. Das ist absurd. Ziehen wir von den 23,3 % die inklusiven und Migranten-Kinder ab (23 % – 7 %), so bleiben gut 16 % extrem schwache / lerngestörte Schüler in Mathe. Das hieße dann aber, der Anteil ist von 5-6 % auf heute ca. 16 % angestiegen. Fast dreimal so viel!

Die Verfasser der Studien fassen zusammen (S. 111): „Ein Vergleich der Erhebungsdaten von TIMSS 2015 und TIMSS 2011 zeigt zudem, dass Deutschland und die Niederlande die einzigen Teilnehmerstaaten sind, bei denen für 2015 signifikant schlechtere Leistungswerte auf der Gesamtskala im Vergleich zu 2011 festzustellen sind. Im selben Zeitraum sind für 10 Teilnehmer (Anm.: andere Länder) signifikante Leistungszuwächse zu verzeichnen.“

In der im Herbst 2019 veröffentlichten IQB-Bildungsstudie von 2018 (über die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen von deutschen 9.Klässlern) finden sich ähnlichlautende Ergebnisse:Den Mindeststandard (MSA) verfehlen in Mathematik etwa 24 Prozent der Schülerinnen und Schüler.“ Seit der vorherigen Studie 2012 seien laut der Verfasser keine nennenswerten Verbesserungen zu erkennen. Gerade an den Gymnasien falle eine ungünstige Entwicklung auf.  Tendenz? Eher nicht positiv.

 

   Immer mehr Lernmaterial … immer weniger Lernerfolg

Hier ist Sorge berechtigt:

Sorge um Ihr Kind und Sorge um die Bildung unserer Jugend.

Vielleicht aber auch Sorge um die Kompetenz unserer Grundschullehrkräfte. Die legen die Grundlagen für alles Weitere.

Vielleicht ist es allmählich sogar angebracht, die Kompetenz derer infrage zu stellen, die einen (oder mehrere) Titel vor dem Namen tragen und an den Universitäten, Hochschulen und Seminaren die Lehrer ausbilden und in den Kultusbehörden die Lehrpläne gestalten. Oder die Kompetenz derjenigen zu hinterfragen, die Bücher und Arbeitsmaterialien verfassen und gestalten, welche die Eltern regelmäßig für teuer Geld kaufen müssen.

 

Aber eines steht außer Frage: Ihr Kind benötigt fachkundige Hilfe!